von Johanna Brenner – weltwärts Freiwillige 2012-2013

Wir schreiben ግንቦት 1 2005, den ersten des Monats Mai im kleinen Städtchen Masha im Südwesten Äthiopien. Für die zahlreichen Imker ist Haupthonigernte nach der Blüte des Waldbaumes Getema (Schefflera abyssinica). Bei Einbruch der Dunkelheit klettern sie in die hohen Waldbäume und lassen ihre zylindrischen Beuten herab- gefertigt aus ausgehöhlten Baumstämmen, oder Bambus und Lehm. Ihre Ernte dient dem Eigenbedarf, dem Verkauf auf den lokalen Märkten, an Tejbrauer oder dem Absatz an Exporteure über ihre Genossenschaft. Masha ist die Hauptstadt der Zone Sheka- eine entlegene Waldregion ohne asphaltierte Straßenanbindung.

Ein Großteil der ländlichen Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, ernährt sich von Kojo (fermentiertem Mark der falschen Bananenstaude), Milch, Kartoffeln und Kohl. Die umliegenden Hochlandwälder sind ganzjährig grün und erlauben eine extensive Bienenhaltung ohne Fütterung. Der Honigverkauf ist ein wichtiges Standbein der lokalen Wirtschaft und Zubrot vieler Bauernfamilien.

Die traditionelle Bienenhaltung kommt mit wenigen Mitteln aus: Ein Messer ist das wichtigste Werkzeug und eine gesunde Kondition nötig für lange Fußwege und  das Erklimmen der Waldbäume. Doch einige der Bienenvölker erwartet die Überführung in eine neue Art von Bienenstand: In Hofnähe aufgestellte Zander- und Kenyan Top Beuten sind Versuchsobjekte zahlreicher Pioniere.

„Wir möchten eine kommerzielle Bienenhaltung etablieren.“, äußert sich John von Bezamar, dem größten Honigunternehmen, das Bio- und Fairtradehonig aus Sheka nach Europa exportiert. „Wir brauchen die traditionelle Waldimkerei als Quelle für Bienenvölker, aber auch moderne Magazinhaltung, um Produktivität und Einkommen der Imker zu steigern, und Frauen zu beteiligen.“ Die Erträge aus Zanderbeuten sind um ein Vielfaches höher, doch hohe Völkerverlustraten sind ein unwägbares Risiko für viele Imker. 40 Völker hat beispielsweise die Imkerkooperative Beniti aus Abello an ihren dritten Bienenstand überführt mit dem Erfolg, dass nun Bienen aus dreizehn der aufgestellten Kenyan Top Bar Beuten fliegen. Hauptfeind der bodennahen Bienenvölker sind Ameisen; die Imker noch in der Lernphase für effektive Völkervermehrung und die Ursachen für Schwarmverluste ungeklärt.

Dennoch: Die Nachfrage unter den Imkern, Vertragspartner eines modernen Honigunternehmens zu werden, ist enorm. „Ich weiß nicht, wie wir die vielen Anträge, bearbeiten werden“, sagt Ato Haile Selassie von Sheka Nordic, einem äthiopisch- norwegischem Partnerunternehmen, das eine Schreinerei für Magazinbeuten aufbaut.

Ein Berufsstand ist im Umbruch und viele Ideen schwirren in den Köpfen: Per Zufall beobachtete eine Bäuerin Ameisen („Shupe“), welche die räuberischen Ameisenarten angreifen. Seither werden ihre Nester erfolgreich in Nähe der Magazine aufgestellt. Eine andere Kooperative experimentiert mit der Domestikation stachelloser Bienenvölker, um deren feinen Honig verkaufen zu können und  Ato Haile ist mit einem Generator nun auch gegen die häufigen Stromausfälle während der Regenzeit gewappnet.

Die Schwarmverluste und die rückläufigen Populationsdichte wildlebender Honigvölker jedoch sind komplexere Herausforderungen. Das Klima wird trockener und Hungerzeiten für Bienen häufiger. Die Waldfläche war jahrzehntelang rückläufig. Deshalb, Waldschutz ist Bienenschutz- das haben sich viele lokale NGOs, Regierungsbüros und Honighändler auf die Fahnen geschrieben. Von Kobo, der kulturellen Tradition, die den Imkern vererbbare Nutzungsrechte zu entlegenen Waldgebieten sicherte, zur Förderung von Nichtholz-Produkten unter partizipativer Waldnutzung bis zur Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat und Ausweisung von Schutzzonen- Sheka sucht weiter einen bienenfreundlichen Weg.

Im Rahmen des Freiwilligenprogrammes „weltwärts“,  begleitete Johanna Brenner die Arbeit des artefact Projektpartners MELCA Ethiopia. Johanna war maßgeblich an einem Projekt zur Förderung der Waldimkerei am Rande des Biospären Reservats Sheka Forest beteiligt.